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vorigen Jahrhunderts {230] seine Ideen nieder und entschloß sich dann zur Tat, was sein berühmtes Politisches Testament (Genua, 24. Juni 1857) begründet.
„. . . Ich glaube,“ sagt er da, „daß nur der Sozialismus, aber nicht die französischen Systeme, die alle nach der in dieser Nation vorherrschenden monarchischen und despotischen Art geformt sind, sondern der durch die Formel: Freiheit und Assoziation ausgedrückte Sozialismus, die einzige, nicht entfernte Zukunft Italiens und vielleicht Europas bildet: diese meine Idee drückte ich in zwei Bänden aus, dem Resultat von ungefähr sechsjährigem Studium . . .“ Der Geringschätzung der politischen Verwandlungen entsprechen die Worte: „. . . für mich ist die Herrschaft des Hauses Savoia und die des Hauses Österreich genau dasselbe . . .“ Für ihn ist auch „die Propaganda der Idee eine Chimäre und die Erziehung des Volks etwas Absurdes“; denn: „Ideen entspringen Tatsachen (fatti) und nicht umgekehrt, und das Volk wird nicht frei sein, wenn es gebildet ist, sondern es wird gebildet sein, wenn es frei ist.“ Man könne nur durch Verschwörungen und Versuche das Ziel erreichen; „der Glanz des Bajonetts von Milano [Agesilao Milano, der Soldat, der bei einer Revue mit dem Bajonett auf den König von Neapel eindrang; er wurde hingerichtet] war wirksamere Propaganda als tausend Bände, von Doktrinären geschrieben, welche die wahre Pest unseres, wie jedes Landes sind . . .“ Das ganze Land muß die Revolution machen, gut, aber wenn jeder auf alle wartet, geschieht nichts; jeder muß sich sagen, da er ein unendlich kleiner Teil des Landes sei, müsse er seinen Teil der Revolution selbst machen – dann wird das Gesamtresultat gleich riesengroß sein . . .
Pisacane war also zum Handeln entschlossen und fuhr mit einer kleinen Schar an die neapolitanische Küste, wo bei Sapri er und viele andere von bourbonischen Soldaten im Kampf getötet und die übrigen meist gefangengenommen wurden; unter den letzteren, die bis zum Ende des neapolitanischen Staates, durch Garibaldi, 1861, im Kerker saßen, befanden sich Giuseppe Fanelli, einige Jahre später einer der intimsten Genossen Bakunins, und Nicotera, der italienische Ministerpräsident von 1876, der, wie jeder andere, die Internationale verfolgte.
Pisacanes Schriften, Saggi storici-politici-militari (Geschichtlich-politisch-militärische Essays) erschienen 1858 in Genua (Band I, II; XX, 104, 179 S.) und 1860 in Mailand (Band III, IV; 188, 168 S., 8°); – Band III enthält den Essay: Die Revolution, der mehrmals separat wiedergedruckt wurde, z. B. Bologna, 1894, IX, 279 S.292. Um dieses Werk bildete sich die Legende seiner fast vollständigen Unterdrückung durch die autoritären und Bourgeoisrevolutionäre. Damit dürfte es sich so verhalten, daß das von Pisacanes Freunden, die seinen sozialen Ideen nicht näher standen, herausgegebene Werk, dessen radikalster Band III ja erst 1860 erschien, von den Führern alsbald in seiner sozialrevolutionären Tendenz
Pianciani, Jersey 1854, 55 (französisch). Man druckte Campanellas Utopie in Lugano; es gab Fourieristen 1848 in Venedig usw.; aber ein italienischer Sozialismus bestand nicht.
292 Das Testamento politico di Pisacane wurde oft in anarchistischen Blättern abgedruckt, auch als Broschüre, z. B. in Marsala, 1892, 15 S., 16°.
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