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Editorische Notiz des Herausgebers
Max Nettlau (1865-1944) gilt nach wie vor als nicht nur der produktivste, sondern auch als der bedeutendste Historiker des Anarchismus. Mit seinem auf sieben Bände angelegten Werk Geschichte der Anarchie, von dem zu seinen Lebzeiten nur die ersten drei Bände erschienen sind, hat Nettlau das Fundament für eine umfassende und international ausgerichtete Geschichtsschreibung des Anarchismus geschaffen, von dem in der Folgezeit Generationen von Anarchismusforscher*innen profitiert haben. Sein Werk ist die detaillierteste und umfangreichste historische Darstellung radikal-freiheitlicher Ideen und Bestrebungen, die sich dem Anarchismus zuordnen lassen. Dies gilt insbesondere für die Früh- und Entstehungsgeschichte sowie für die Geschichte des internationalen organisierten Anarchismus bis in die 1930er Jahre.
75 Jahre nach dem Tod ihres Autors muss die Geschichte der Anarchie immer noch als das Standardwerk zum Thema betrachtet werden. Nettlau selbst hat sein Werk eher bescheiden als einen historiografischen Rohbau verstanden, von dem er hoffte, dass es später durch Spezialstudien, aber auch durch ergänzende Hinweise seiner Leserinnen und Leser vervollständigt und vertieft werden könnte.1 Diese zu seinen Lebzeiten unerfüllt gebliebene Hoffnung wollen wir mit unserem Projekt zur Neuherausgabe der Geschichte der Anarchie aufgreifen, um mit Hilfe der modernen Informationstechnik eine multimedial angelegte Werkausgabe zu realisieren, die eine aktive Partizipation der Leser*innen an der Fortentwicklung des von Nettlau geschaffenen Werkes ermöglicht.
Das Editionsprojekt verfolgt dabei bewusst die Perspektive der offenen Wissenschaft (Open Science) im Sinne einer Öffnung des wissenschaftlichen Forschungsprozesses für die internationale akademische und nicht-akademische Anarchismusforschung. Im Vordergrund steht dabei der Aufbau einer Community, die sich mit vereinten Kräften um die Erforschung der Geschichte der Anarchie und des Anarchismus bemüht. Deshalb wird die Onlineversion des Werkes vielfältige Möglichkeiten zur aktiven Teilnahme seiner Leser*innen/Nutzer*innen bei der gemeinsamen Entwicklung und Pflege der Werkausgabe der Geschichte der Anarchie zur Verfügung stellen. So wie sich das Nettlau gewünscht hat, wird es jetzt mit Hilfe der Onlineausgabe seines Werkes möglich sein, dass die Leser*innen seine von ihm selbst nur als Rahmenwerk verstandene Geschichtsschreibung durch themenergänzende Spezialstudien, Aufsätze, Kommentare, Korrekturen, Illustrationen und Links zu externen Webseiten erweitern und vertiefen. Zugleich kann auch die wissenschaftliche und allgemeine Diskussion über Inhalte seines Werkes online direkt im entsprechenden inhaltlichen Kontext geführt werden.
1__ Vgl. Nettlaus Anmerkungen dazu im vorliegenden ersten Band der Geschichte der Anarchie, S. 302f. und ebd., S. 303, Anm. 295, sowie die Beschreibung von Nettlaus historiografischen Forschungs- und Arbeitsmethoden in der Einleitung des Herausgebers, besonders S. 40-45 u. 49.
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